"Blick
in die Annalen der Zellerfelder Schützen"
In
der Geschichte der Zellerfelder Schützen
begegnen sich die Gebietsansprüche verschiedener
Fürsten- und Königshäuser des
16. bis 19. Jahrhunderts ( Braunschweig -
Wolfenbüttel - Lüneburg - Hannover
und Preußen ), deren Ursachen hauptsächlich
in den reichen Bodenschätzen des Oberharzes
zu suchen waren. Alle diese Herrscher hatten
eines gemeinsam: Sie förderten und unterstützten
in besonderem Maße das Schützenwesen
und schufen in Zusammenarbeit mit der Stadtbehörde
feste Richtlinien für ihre Organisation.
So gesehen könnte man das Zellerfelder
Schützenwesen als ein Stück lebendige
Stadtgeschichte betrachten. Schon wenige Jahre
nach der Gründung der ehemals "Freien
Bergstadt" berichtet der bekannte Chronist
Hardanus Hake Anno 1539 von dem Vorhandensein
eines Schützenhauses in Zellerfeld. Er
schreibt wörtlich:
"
Auch wurde das Rohrwasser beim schutzen Haus
gefaßet, auf den Markt geleitet und in
die Gassen getheilet"
Die
Anfänge der Siedlung "auf dem Zellerfelde"
beginnen um 1526. Schon 1532 erhält Zellerfeld
von Herzog Heinrich dem Jüngeren die
Bergfreiheit.
Den
Bau des Schützenhauses könnte man
zwischen 1535 und 1538 vermuten. Danach darf
man in der Annahme nicht fehlgehen, daß
es zu diesem Zeitpunkt bereits Schützen
in Zellerfeld gegeben hat. Diese mögen
identisch gewesen sein mit den auf Anordnung
des Landesherren gegründeten "Fähnlein",
die in der Hauptsache den Schutz der Bergwerke
und der Bevölkerung zum Zwecke hatten.
Um 1540 gab es zwei solcher Fähnlein,
und zwar stellte die Bergstadt Zellerfeld
ein Fähnlein allein, während die
Bergstädte Wildemann und Grund ein Fähnlein
gemeinsam hatten. Schon damals wurden die
Fähnlein oft als Schützwehren bezeichnet.
Während zuerst in der Hauptsache als
Waffe der Knappen die "Bergbarte"
und das "Berghackel" dienten, wurden
später kurze Rohre vorgeschrieben. Das
"Berghackel" wird von den Bergbeamten
noch heute in verfeinerter Form als Symbol
des früheren Waffenrechts als Gehstocks
benutzt. Mit ihren Rohren durften die Bergleute
auch die "Preise und das Kleinod"
schießen. Unterstützt von der Bergbehörde
wurde eine Schützenbrüderschaft
gebildet, die eine von dem Herzog und der
Stadtobrigkeit genehmigte Schützenordnung
erhielt. Die Schützenordnung regelte
nicht nur das Verhalten beim Schießen,
sondern auch das moralische Betragen der Schützen.
Nach
Aufzeichnungen des Harzchronisten Hardanus
Hake erfolgte bereits im Jahr 1545 aus Anlaß
der Plünderung von Wildemann durch Goslarer
Bürger der erste Einsatz der sogenannten
Schützenwehr. Hake schreibt wörtlich:
"Die Zellerfelder so auch ihres Infals
(Einfalls) mussen gewertig sein, wahren gerüst
und standen in den gassen in der ordnung mit
fuller wehr, thaten ihre Feinde unerschrocken
erwarten, aber die hatten den Nasenwind davon
bekommen und gerochen, kamen nicht zu ihnen,
sondern sich stracks nach ihrer gewahrsam
gemacht."
Im
Jahr 1572, am 24. August, berichtet Hake von
einem "großen Schützenhoff
auff'm Zellerfeld darin viel Städte verschrieben".
Ob diesem Schützenhof schon andere in
Zellerfeld vorangegangen sind, hat sich nicht
ermitteln lassen, ist aber durchaus wahrscheinlich.
Es muß sich um ein bedeutendes Ereignis
für die damalige Zeit gehandelt haben,
sonst würde es in einer Chronik nicht
erwähnt sein. Sogar der "Bestmann",
Steiger Zacharias Benedikt aus Wildemann,
wurde erwähnt. Hake meldet weiter:"Anno
1576. Der 13. Juli ist ein stattlicher Schützenhof
auf dem Zellerfelde gehalten worden."
Anno 1577. In diesem Jahre ist abermals ein
großer Schützenhof auf dem Zellerfeld
gehalten worden, wozu unser Gnädiger
Herr und Fürst 60 Gulden für den
besten Schuß gestiftet hat. Das Beste
hat Hennig Möller zu Goslar gewonnen."
Weitere Schützenhöfe fanden 1578,
wo der Stadtschreiber Sebastian Meißner
das Beste gewann und 1580 statt, wobei der
"Glückstopf" ausgeteilt wurde.
In
den Jahren 1589 und 1590 fanden auf Veranlassung
der Schützen Verhandlungen mit der Bergbehörde
über die Abhaltung eines wöchentlichen
Gemeinschaftspreisschießens der vier
Bergstädte Grund, Wildemann, Lautenthal
und Zellerfeld in Zellerfeld sowie eines jährlichen
Schützenfestes statt. Für Zellerfeld
wurde der Schützenhof auf den Sonntag
vor Michaelis gesetzt. Die Schützen baten
den Oberzehnter auf dem Zellerfeld, Christoph
Sander, um seine Fürsprache bei dem Herzog
Heinrich dem Jüngeren, daß ihnen
vom Sonntag Kantate bis Michaelis wöchentlich
ein Taler für den besten Schuß
auf der Scheibe aus dem "Zehnten"
bewilligt werde. Dem Wunsche wurde mit der
Maßgabe stattgegeben, daß den
Taler nur ein Schütze aus den vier Bergstädten
Zellefeld, Wildemann, Grund und Lautenthal
gewinnen könne.
Die
Hinweise des Chronisten Hake ab 1572 deuten
zweifellos auf eine seit langem vor diesem
Zeitpunkt bestehende Organisation der Zellerfelder
Schützen hin. So schreibt Heinrich Morich
auch in seiner Chronik über die Bergstadt
Zellerfeld: "Das Schützenwesen in
Zellerfeld wird so alt sein wie die Stadt".
Nimmt man den Beginn der Wiederbesiedlung
Zellerfelds um 1526 bis 1528 an, so könnte
man die Geburt des Schützenwesens in
Zellerfeld um 1530 bis 1532 datieren. Wenn
die Schützengesellschaft dennoch ihr
Gründungsjahr 1539 festgelegt hat, so
deshalb, weil Hake in diesem Jahr das Vorhandensein
des Schützenhauses in Zellerfeld geschichtlich
nachgewiesen hat.
Hardanus
Hake hat seine Chronik im Jahr 1583 abgeschlossen,
so daß von diesem Zeitpunkt ab keine
Aufzeichnungen über das Zellerfelder
Schützenwesen im 16. und Anfang des 17.
Jahrhunderts mehr vorliegen. Die Pflege und
der weitere Ausbau des Schützenwesens
wird aber ohne Zweifel weiter betrieben sein.
Leider sind auch im städtischen Archiv
keine Akten aus dieser Zeit vorhanden, da
bei dem großen Brand 1672 das Rathaus
mit abbrannte und alle Akten vernichtet wurden.
Das
Schützenhaus war von je her Sammelpunkt
und das Standquartier der Schützen. Hier
fanden sie sich bei ihrem sonntäglichen
Schießen, später beim vierjährigen
Freischießen sowie beim Bürgerschießen
und bei den Schützenfesten zusammen.
Das Bürgerschießen unterschied
sich von dem seit 1590 eingeführten "Freischießen"
dadurch, daß beim Bürgerschießen
nur Bürger der Bergstadt Zellerfeld auf
"Best und Meist" schießen
durften, während beim Freischießen
auch die Schützen der übrigen Bergstädte
diese Würden erringen konnten. Zu jedem
dieser Schießen gaben die Herrschaft
(herzogliche Verwaltung) und die Stadt-Kämmerei
eine Verehrung.
Das
Jahr 1626 war ein bedeutungsvollen und zugleich
ein trauriges Jahr für die Bevölkgerung
der Bergstadt und somit auch für die
Schützen. Die Tillyschen Heerscharen
überfielen am 19. März die friedliche
Bergstadt, nachdem sie die geforderten hohen
Tribute nicht zu zahlen bereit war. Die Zellerfelder
wehrhaften Bürger stellten sich unter
Führung des Stadthauptmanns Thomas Merten
den Feinden entgegen und leisteten mit ihren
ungenügenden Waffen tapferen und erbitterten
Widerstand, der aber angesichts der großen
Überlegenheit des Feindes erfolglos bleiben
mußte. Sicher sind unter den tapferen
Bürgern auch viele Schützenbrüder
gewesen. Das dürfte daraus zu entnehmen
sein, daß sie ihren Kampf bis zu "ihrem"
Schützenhaus führten, wo sowohl
Thomas Merten, als auch die meisten, in der
Chronik des Pastors Albert Cuppius, aufgeführten
Bürger fielen.
1652
wurden für die Schützen der Bergstädte
Zellerfeld, Wildemann, Grund und Lautenthal
von den damaligen Berghauptleuten Bodo von
Hodenberg und Daniel von Campen einheitliche
Schützenordnungen erlassen, welche die
enge Verbundenheit zwischen Berg- und Stadtbehörden
einerseits und den Schützengesellschaften
andererseits erkennen lassen.
1672
wurde wieder ein großer Schützenhof
in Zellerfeld gehalten, zu dem die Schützen
der benachbarten Gemeinden mit dem Wortlaut
des nachstehenden Schreibens, das an die Schützen
der Bergstadt Grund gerichtet war, eingeladen
wurden:
"Denen
Großachtbaren, Wollehrenvesten und Ehrbaren
Herren Schützen-Voigten, den Wollerfahrenen
Siebenern und Sämbtlichen Fürnehmen
und Arbeitsamen Schießgesellen der Fürstl.
Braunschwieg-Lüneburg. Freyen Berg-Stadt
Grund. Heut über acht Tage wird seyn
- der 26. Junii ein frey gemein gesellen Schießen
auf der Bergstadt Zellerfeld aus unverdächtigen
Büchsen ohne Schwanzkugeln. Allhier wird
10 Rhtlr. für den Besten Schuß
und 8 Rhtrl. für die Meisten Schöße
gegeben. Gelanget an alle unser freundliche
bitten, Sie wollen gegen gesatzten Tag frühe
umb 9 Uhr mit fliegender Fahne und Trummelschlag
allhier im Treue Zipfel persönlich erscheinen,
ein Jeglicher seynen Aufsatz erlegen und dann
bei Fahnen und Trummelschlag in guter Ordnung
nach der Schützenwiese ziehen. Wir sind
mit unersparten Diensten stets willig und
bereit. Die Herren Schützenvöigte,
Siebener und sämbtliche Schützen
und Schießgesellen daselbst.
Zellerfeld,
den 20. Junii Anno 1672."
Diese
Einladung erfolgte kurz vor dem großen
Brand am 18. Oktober 1672, bei dem von 563
Wohnhäusern 465 dem Brand zum Opfer fielen.
Das Schützenhaus, das am nordwestlichen
Stadtausgang allein auf einem Platz stand,
blieb verschont. Die durch den Brand entstandene
Not unter der Zellerfelder Bevölkerung
hat es vermutlich nicht zugelassen, in den
darauffolgenden Jahren Schützenfeste
abzuhalten.
Interessant
an dieser Einladung ist, daß sich die
auswärtigen Schützen im "TreueZipfel"
versammelten, ihren Aufsatz erledigten und
dann mit Fahnen und Trummelschlage in guter
Ordnung nach der Schützenwiese ziehen
sollten. Es ist anzunehmen, daß im Treue
Zipfel der Schützenvogt oder ein Bergbediensteter
wohnten. Dort lag ja auch das kleine "Treuer
Zechenhaus", in dem sich die Bergleute
vor der Einfahrt in die 1549 erschlossene
Grube "Treue" zum Gebet versammelten.
1733
und 1750 fanden wiederum "große
Freischießen" statt, von denen
das vom 20. bis 24. Juni 1733 besonders erwähnenswert
ist. Bei diesem Freischießen waren außer
50 Zellerfelder auch 14 Wildemanner, 16 Grundner,
30 Lautenthaler, 16 St. Andreasberger und
18 Altenauer Schützen vertreten.
Auf
dem Rathaus, wo sich das Offizium mit dem
Richter und Rat vor dem Schützenfest
versammelte, wurde für 55 Taler Bier
getrunken. Aber auch beim Schützenfest
selbst erwiesen sich Schützen und Ratsherren
als trinkfest, denn sie vertranken auf der
"oberen Schützenhausstube"
358 Kannen Goslarisches Bier.
1737,
am 6. Juni, brach durch Blitzschlag im oberen
Zellerfeld ein Feuer aus, das sich bis ans
Ende des oberen Marktes ausdehnte. Der Blitz
zündete im Haus des Obersteigers Frick
und Andreas Wagner vormittags zwischen 10.00
und 11.00 Uhr. In wenigen Stunden fielen dem
Feuer 196 Häuser zum Opfer. Bei diesem
Brand wurde auch das 1539 erwähnte Schützenhaus
ein Opfer der Flammen. Zur weiteren Durchführung
der Schützentätigkeit wurde auf
der Brandstätte ein Interimsgebäude
errichtet, das man als Schützenbucht
bezeichnete und bis 1741 benutzte. In diesem
Jahr wurde ein neues kleineres Schützenhaus,
dessen oberer Stock fünf Fenster und
das Erdgeschoß vier Fenster und Haustür
hatten, gebaut. Dieses Gebäude ist in
seinem Ursprung heute noch vorhanden.
1783
erhält die Schützengesellschaft
erstmals die Erlaubnis zur Abhaltung eines
"gewöhnlichen Bürgerschießens"
auf völlig eigene Kosten, zum Unterschied
von einem feierlichen Bürgerschießen,
zu dem die Stadt Zuwendungen gab.